Funktionelle Darmerkrankungen vs. Seltene Krankheiten
Funktionelle Darmerkrankungen (FBD), wie das Reizdarmsyndrom (IBS) und funktionelle Verstopfung, gehören zu den häufigsten gastroenterologischen Erkrankungen weltweit. Sie beeinträchtigen die Lebensqualität, verursachen erhebliche Beschwerden und werden oft mit Ernährungsumstellungen, Probiotika oder Medikamenten wie Spasmolytika behandelt.
Allerdings handelt es sich dabei um Ausschlussdiagnosen: Sie werden gestellt, wenn andere mögliche Ursachen ausgeschlossen wurden. Während viele Betroffene tatsächlich funktionelle Beschwerden haben, leiden einige möglicherweise an seltenen Krankheiten, die ähnliche gastrointestinale Symptome verursachen.. Diese können leicht übersehen werden, insbesondere wenn die Symptome subtil, intermittierend oder typisch für funktionelle Beschwerden erscheinen.
Es ist entscheidend, zu erkennen, wann Symptome auf etwas Ernsteres hindeuten könnten – für eine frühzeitige Diagnose und bessere Behandlungsergebnisse.
Funktionelle Darmerkrankungen: Häufig, aber komplex
Funktionelle Darmerkrankungen sind gekennzeichnet durch chronische gastrointestinale Symptome , ohne dass histologisch strukturelle Veränderungen nachweisbar sind. Die häufigsten Symptome sind:
- Bauchschmerzen oder Krämpfe
- Durchfall, Verstopfung oder wechselnde Stuhlgewohnheiten
- Blähungen und Unwohlsein
Da bei Endoskopie, Bildgebung oder Standardbluttests keine offensichtlichen Auffälligkeiten vorliegen, werden diese Störungen oft als „funktionell“ und nicht als strukturell angesehen.
Seltene Krankheiten, die funktionelle Darmerkrankungen nachahmen
Viele seltene Krankheiten können mit gastrointestinalen Symptomen auftreten, die dem Reizdarmsyndrom oder anderen funktionellen Störungen ähneln. Beispiele sind:
- Hereditäres Angioödem (HAE), das wiederkehrende Bauchschmerzen und Schwellungen verursachen kann
- Metabolische oder Enzymdefekte (z.B., Morbus Fabry, Morbus Gaucher)
- Primäre Immundefekte mit gastrointestinalen Manifestationen
- Seltene entzündliche Erkrankungen, die anfänglich funktionelle Symptome vortäuschen
Da diese Krankheiten selten sind, werden sie in der Erstdiagnose oft nicht berücksichtigt.
Wann du den Verdacht auf eine seltene Krankheit statt auf eine funktionelle Darmerkrankung (FBD) haben solltest
Fachkräfte im Gesundheitswesen sollten eine seltene Krankheit in Betracht ziehen, wenn folgende Warnsignale (Red Flags) auftreten:
Schlechte oder keine Reaktion auf Standardtherapien
Wenn Ernährungsanpassungen, Probiotika oder Spasmolytika wenig oder keine Linderung bringen, könnte eine andere Grunderkrankung vorliegen. Anhaltende oder fortschreitende Symptome sollten weiter abgeklärt werden
Vorhandensein systemischer Symptome
Müdigkeit, unerklärte Schwellungen, Neuropathien, Hautveränderungen, ungewollter Gewichtsverlust, nächtlicher Durchfall oder Organbeteiligung deuten eher auf eine systemische Erkrankung als auf eine rein funktionelle Störung hin.
Auffällige Laborwerte
Niedrige Enzymspiegel, auffällige Blutbilder, Anämie oder erhöhte Entzündungsmarker können auf eine metabolische oder immunologische Erkrankung hinweisen.
Familiäre Vorgeschichte genetischer oder metabolischer Erkrankungen
Viele seltene Krankheiten haben einen erblichen Verlauf. Eine positive Familienanamnese sollte Anlass zu weiterführenden Tests geben.
Symptombeginn im Kindesalter
Während das Reizdarmsyndrom und funktionelle Störungen typischerweise in der Jugend oder im Erwachsenenalter beginnen, treten genetische und metabolische Erkrankungen oft schon im Kindesalter auf.
Warum frühe Erkennung so wichtig ist
Eine verspätete Diagnose seltener Krankheiten kann zu jahrelangem Leiden und unnötigen Behandlungen führen. In manchen Fällen entsteht irreversibler Organschaden, wenn die Krankheit nicht früh erkannt wird.
Andererseits ermöglicht eine korrekte Diagnose den Zugang zu gezielten Therapien, krankheitsmodifizierenden Behandlungen und genetischer Beratung – was Prognose und Lebensqualität deutlich verbessern kann.
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